Der Entwurf Nossenis ist das einzige erhaltene Bilddokument aus der Planungsphase des Mausoleums. Aber auch diese kleine Zeichnung, die sich im Kupfer-stichkabinett in Dresden befand, ist verschollen.

In der Gegenüberstellung werden nicht nur die Ähn-lichkeiten, sondern vor allem die Unterschiede zwischen Nossenis Invention und der Ausführung deutlich. Wo die Figuren von Adriaen de Vries bei aller manieristischen Bewegtheit eine kontemplative Grundstimmung bewahren, zeigt der Entwurf die Wächter-gruppe wild gestikulierend. Christus erscheint hier nicht als segnender Erlöser, sondern in triumphie-render Pose. 
Der grundlegend andere Gestaltungswille zeigt sich am deutlichsten an den Formen des Sockels. Die Wächter balancieren bei Nosseni knapp über dem Boden auf konsolartigen Postamenten. Auf einem schlanken Sockel steht darüber der Sarkophag, mit nach oben aufsteigenden Voluten dekoriert. Einzig der vielfach gestufte Abschluss hat Ähnlichkeit mit dem Monument in Stadthagen. 


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Giovanni Maria Nosseni
Entwurf zur "Auferstehungs-gruppe"in Stadthagen (oben)

Der Grundriss von Michelangelos Sockel des Reiterstandbildes Kaiser Marc Aurels auf dem Kapitol in Rom war vorbildlich für den Sockel. Ein rechteckiger Grundkörper, der über abgestufte Ecken zu den halbrunden Abschlüssen der Schmalseiten führt. Dieser Grundriss ist in das innere 7-Eck des Marmorbodens eingeschrieben. Er wird konsequent über alle Rück- und Vorsprünge bis zur abschließenden Christusfigur eingehalten. Jede Etage steht somit in Abhängigkeit zum Reservé des Fußbodens, dessen perspektivisches Würfelmuster ein Band parallel zur Raumschale bildet. 
Im Todesjahr des Fürsten 1622 lieferte Dutthorn die zugeschnittenen Platten des Marmorbodens via Magdeburg aus Dresden nach Stadthagen. Im gleichen Jahr trafen auch die letzten Bronzefiguren aus Prag ein und es wurde mit dem Bau des Mausoleums begonnen. 

Der Überstand der seitlichen Wächterfiguren und der im Verhältnis zum Sockel größere Radius der Reliefplatten wird von einigen Autoren bemängelt. Da alle Maße des Sockels mit den vorgefertigten Bauteilen unabänderlich festgelegt waren, wäre eine Anpassung des Sockels an die Stellfläche der Figuren und die Krümmung der Reliefs nur bei Verzicht auf die Plinthe möglich geworden. Dies hätte ein ausladendes und damit unproportionales Verhältnis des Sockels zum Sarkophag zur Folge gehabt.   

Der Aufbau erfolgt nicht nur durch die vertikale Folge: Plinthe, Sockel und Sarkophag, sondern wird durch die Vielfarbigkeit des Materials gegliedert: Schwarzer und bunter Kalkstein zur Betonung der Horizontalen und fein geäderter weißer Alabaster für die Flächen. Vier Bronzelöwen tragen den Sarkophag scheinbar auf ihrem Rücken. Tatsächlich ruht die gesamte Konstruktion auf dem Mittelpfeiler des Gruftgewölbes. Der Kern, auch des Sarkophags ist massiv und die Löwen verdecken die tragenden Eisenstangen. 

In die Frontseite des Sarkophags ist das Portraitmedaillon des Fürsten eingelassen, das Gegenstück auf der Rückseite zeigt Chronos mit Stundenglas, sitzend auf dem Tierkreis als Allegorie der Zeit. 

Die vier in den Sockel eingefügten Bronzereliefs beziehen sich auf das Wirken und den Nachruhm des Auftraggebers. Sie stellen neben dem fürstlichen Wappen die Allegorien des Ruhm = Fama, des Sieges = Victoria und des Reichtums = Abundantia dar. 

Der vordere Wächter sitzt direkt auf dem Sockel. Er ist im Moment des Erwachens festgehalten, geblendet von der Lichtgestalt des auferstandenen Christus. Die Wächterfiguren erscheinen in Untersicht, sodass der, das Denkmal umschreitende Besucher in die schlafenden Gesichter blickt. Die beiden Seitlichen sitzen auf schlanken Sockeln, die mit grotesken Masken, Trophäen und Kriegerfiguren dekoriert sind. 

Die Kostüme der Grabwächter mit ihren ledernen Brustpanzern, Sandalen und Gamaschen, den kurzen Röcken und den reich ornamentierten Helmen zitieren antike Vorbilder. Sie zeigen eine ungeahnte Detailfülle, nicht nur in der Darstellung der Waffen, Felle und Dekorationen, sondern vor allem in der plastischen Durcharbeitung des Muskel-, Adern- und Sehnenspiels der Figuren. 

Vier geflügelte Putti mit Palmzweigen in den Händen vermitteln zwischen dieser profanen Ebene und der Figur des Erlösers, der sich schreitend über dem Sarkophag erhebt. Seine rechte Hand weist in den Himmel, hier zum Konzert der Engel, mit der linken hält er die Fahne mit dem Kreuzzeichen. 

Auch der Aufbau der Aedikulen ist römischen Vorbildern verpflichtet. Auf hohen Postamenten tragen die freistehenden Säulen aus farbigem Marmor Architrave und Giebel von klassischer Proportion. Ihre Akanthuskapitelle und Basen aus weißen Alabaster geben den farbigen Kontrast. Vorbildlich sind die übergiebelten Aedikulen des Pantheon zu Rom, vermittelt durch zeitgenössische Architekturtraktate. In Stadthagen erscheint das Motiv jedoch seltsam gestreckt, zumal die Giebel mit ornamentalen Kartuschen bekrönt sind, die, von geflügelten Putten gehalten die Wappen der Vorfahren des Fürsten zur Schau stellen. Jüngste Untersuchungen haben ergeben, dass es sich bei den Säulenschäften um antike Spolien handeln könnte. 

Die Wände, Pilastern, Blendarkaden und die weitere Bauplastik sind aus Sandstein gefertigt und Marmor imitierend bemalt. Diese farbige Fassung verbindet die Vielfalt der Formen harmonisch und bestimmt den Raumeindruck von klassischer Würde.

Unter den Fenstern, rechts und links des Eingangs sind zwei großformatige Ölgemälde in architektonisch gestalteten Rahmen ausgestellt. Die Bildthemen: "Die Auferstehung des Lazarus" und "die Vision des Ezechiel" beziehen sich auf den Aufstellungsort. Stolz teilt uns der Maler Anton Boten in seiner Signatur mit: "Antonius Boten. Idem qui monumentum hoc architectatus est. Pinxit anno MDCXXVII." Er hat damit nicht nur das Gemälde signiert, sondern auch das, mit der Ideenskizze Nossenis 19 Jahre zuvor begonnene Werk vollendet und für sich reklamiert.

Dieses Gesamtkunstwerk aus Architektur, Plastik und Malerei führte in der norddeutschen Provinz über die Jahrhunderte einen "Dornröschenschlaf" und es existieren nur wenige Nachrichten über prominente Besucher. Wer es jedoch besichtigte, äußerte sich enthusiastisch, wie Georg Christoph Lichtenberg in einem Brief vom 7.September 1772: "Die Nacht blieben wir in Stadthagen, wo über dem Begräbnis der Grafen von Bückeburg ein Monument steht, das selbst der Abtei von Westminster zur Zierde gereichen könnte."  

Bis heute ist es im Eigentum des Fürstenhauses und diente bis zum Bau des neuen Mausoleums in Bückeburg über fast drei Jahrhunderte als Grablege der Schaumburger Landesherrn.


Einer der, den Sarkophag "tragenden" Bronzelöwen





Die Aedikulen des Pantheons
in: Sebastiano Serlio, III. Buch
Darstellung und Beschreibung
der Altertümer Roms 1551



"Die Auferweckung des
Lazarus", Ausschnitt
 aus dem Gemälde
 von Anton Boten

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