Von der historischen Ausstattung des "Alten Rathauses" ist nur wenig
erhalten.
Deshalb ist das von Hermann Moller 1623 gemalte großformatige sog.
"Gerechtigkeitsbild" (Bild oben) von besonderer Bedeutung.
Im heutigen Trauzimmer, dem ehem. Amtszimmer des Stadtdirektors befindet es sich in
situ, denn, wie die Inschrift besagt ist die „gemald Tafell“ eine Stiftung der Bürger Philip
Mercklin, Herman Moller und Michaell Bomers für die Ratstube der Stadt Stadthagen.
Stolz haben sich die Stifter mit ihren Wappen verewigt. Moller war Maler und
Ratsverwandter in Stadthagen, von ihm stammen auch einige Epitaphe in der St.
Martinikirche.
Das Bild ist in 3 Felder geteilt. Das linke zeigt das „Jüngste Gericht“, das rechte das „Urteil
Salomoni“. Die Mitte bildet eine Schrifttafel mit Bibelzitaten zur Ermahnung der
Richter. Die Bedeutung der mittleren Tafel wird durch den Schildhalter in
der architektonischen Nische hervorgehoben, der mit der Rechten auf die Schrift
zeigt.
Jedoch weder die Haltung, noch der nach oben gerichtete Blick beziehen sich
direkt auf das Bildthema des Gerechtigkeitsbildes. Die Figur wurde von Moller
aus einem anderen Zusammenhang in die Komposition hineinkopiert. Die Vorlage
findet sich auf dem Kupferstich "Allegorie auf die Regierung Kaiser
Matthias" (Bild unten) der 1614 von Egidius
Sadeler in Prag gestochen wurde. Dort sitzt die Figur, das rechte Bein
vorgestreckt am unteren Bildrand zwischen den, vom Kaiser bezwungenen Lastern
und weist auf das Verzeichnis seiner Herrschertitel. Den Blick nach oben
gerichtet, schaut sie zu dessen Portraitmedaillon hinauf. Da Moller auf die
Übernahme der Beinstellung ganz verzichtet hat, wirkt seine Fassung merkwürdig
knabenhaft und zu kurz geraten.
Sogenannte "Gerechtigkeitsbilder" waren
geläufige Ausstattungsstücke in Rathäusern, da die Gerichtsbarkeit zu
den kommunalen Aufgaben zählte. Die Besonderheit am obigen Bild
ist die Darstellung des Salomon. Der biblische König trägt die portraitähnlichen Züge
des Fürsten Ernst zu Holstein-Schaumburg. Dies nicht von ungefähr, denn der
1622 verstorbene Landesherr war um die Reform des Gerichtswesens besonders
bemüht. Mit seiner Erneuerung der Kirchenordnung 1614 und ein Jahr darauf der
Polizeiordnung für Zivil-, Straf-, Handels und öffentliches Recht wurden von
ihm zwei Gesetzgebungswerke umgesetzt, die seinen Zeitgenossen als so bedeutsam
erschienen, dass beide Bücher in schwarzen Samt gebunden und mit den silbernen
Auf-schriften "Pietas" und "Justitia" bei seinem Leichenzug
vom fürstlichen Kanzler vor dem Sarg hergetragen wurden.
Die Kirchenordnung,
die "Ernestina" ist in der Schaumburg-Lippischen Landeskirche bis
heute in Kraft.
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Egidius Sadeler, Allegorie auf die Regierung Kaiser Matthias (Ausschnitt) |